Rede vom Mittwoch, 23. Oktober 2013
zum Antrag der GRÜNEN Fraktion:

Thema: Flexible Schuleingangsphase in Hamburg ermöglichen!

Frau Präsidentin, liebe Damen und Herren! Frau von Berg, wir müssen unsere Schulen gerechter gestalten, da haben Sie vollkommen recht. Uns ist bewusst, dass dies ein langer und auch schwieriger Prozess ist. Unsere Perspektive muss es sein, dass der Lernerfolg der Kinder nicht mehr in einem derartigen Maße wie jetzt vom sozialen Hintergrund der Eltern abhängig ist. Mit einer Vielzahl von Maßnahmen haben wir uns auf den Weg gemacht, dieses Ziel zu erreichen.

In den letzten Jahren konnte durch viele Verbesserungen wie Ausstattung der Schulen mit mehr Lehrkräften, mit kleineren Klassen, mit mehr Ganztagsschulen und Ganztagsangeboten der Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler deutlich gesteigert werden. Allerdings haben viele Schülerinnen und Schüler – darauf haben Sie hingewiesen – in benachteiligten Stadtteilen noch sehr große Lernrückstände.

Diese Lernrückstände können die Schulen allein und durch einzelne und isolierte Maßnahmen jedoch nicht beheben. Deshalb hat Senator Rabe das Projekt „D 23“ gestartet. Ich möchte kurz einschieben, dass der Senator gern an der Debatte beteiligt gewesen wäre, er allerdings an einer Delegationsreise der KMK nach Israel teilnimmt und dadurch verhindert ist.

Zurück zu den 23 Schulen in den besonders belasteten Gebieten. Den Schülerinnen und Schülern dort sollen durch gezielte und nachhaltige Förderung bessere Chancen eröffnet werden. Dazu wird mit aufeinander abgestimmten Maßnahmen eine Weiterentwicklung der schulischen Angebote, ihrer Qualität und ihrer Organisation angestrebt. Hierzu gehören diverse Maßnahmen. Die Ressourcen für pädagogische Arbeit werden verstärkt, die Elternarbeit wird gestützt und zahlreiche Baumaßnahmen werden realisiert, aber auch die Möglichkeit der Schulzeitverlängerung soll vorgesehen werden. Es werden also Konzepte geprüft und entwickelt wie beispielsweise jahrgangsübergreifendes Lernen, und sogar flexible Eingangsstufen können dort beinhaltet sein. Wir setzen uns gezielt für die Schülerinnen und Schüler ein, die besondere Förderung brauchen. In einem pädagogischen Gesamtkonzept ermöglichen wir hier auch eine unter Umständen verlängerte Schulzeit.

(Beifall bei der SPD)

Aber es geht bei den „D 23“-Schulen auch darum, hier eine ganz neue Schulkultur für die Schüler, für die Eltern und für die Lehrer zu entwickeln. Dies funktioniert nicht durch eine Einzelmaßnahme, sondern nur durch ein abgestimmtes Konzept. So sollen die Schulen unter anderem eigene Bildungspläne entwickeln. Ich erachte es als sinnvoll, den Schulversuch „D 23“ erst einmal abzuwarten und auszuwerten.

Alle Schulen haben bereits jetzt die Möglichkeit, ihren Unterricht jahrgangsübergreifend zu organisieren. Das setzt allerdings eine hohe Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer in der Gestaltung ihres höchst individualisierten und differenzierten Unterrichts voraus. Das geht nicht aus dem Stand heraus. Wir kennen die sehr ambivalenten Ergebnisse aus anderen Bundesländern, die uns das beweisen. Wir wollen keine Schnellschüsse auf diesem Gebiet.

Die im Schulgesetz formulierten, diversen Möglichkeiten des reformorientierten Unterrichts finden wir in Ordnung, allerdings muss es auch wohlorganisiert sein. Eine generelle Erweiterung der Flexibilisierung der Schulzeit lehnen wir ab. Wir werden nicht durch die Hintertür die Primarschule wieder einführen, wir wollen keine neue Schulstrukturdebatte, und wir stehen deshalb weiterhin für den Schulfrieden.

Für den einzelnen Schüler oder die einzelne Schülerin gibt es immer noch die Möglichkeit, eine Klassenstufe zu überspringen oder zu wiederholen. Den Wunsch können dabei die Eltern äußern. Die Entscheidung, zu überspringen, treffen sie gemeinsam mit der Schule. Bei der Wiederholung entscheidet aus guten Gründen die Schulaufsicht.

Wir lehnen den vorliegenden Antrag nicht nur bezüglich der generellen Flexibilisierung der Grundschulzeit ab. Unterschiedliche Einstellungstermine werden wir auch nicht mittragen. Stattdessen fördern wir die Zusammenarbeit von Schulen und Kitas bei der vorschulischen Bildung und Erziehung. Hier gibt es gute Beispiele in der Stadt, die verstetigt und weiterentwickelt werden müssen.

Insgesamt fehlt mir in dieser Debatte die Verbesserung der frühkindlichen Bildung und Erziehung. In der Grundschulzeit ist es eigentlich schon zu spät. Deshalb dienen unsere Maßnahmen vielmehr der Krippe und der Kita, und zwar nicht nur wegen der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie sind eine Bildungsoffensive für mehr Chancengerechtigkeit. Mit dem Modell „Kita Plus“ stärken wir beispielsweise durch mehr Ressourcen und Sprachförderung die Elementarbildung der Kinder in sozial benachteiligten Regionen.

Insgesamt finden wir im Antrag der GRÜNEN keine Verbesserung für die Schülerinnen und Schüler unserer Stadt, sondern eine Gefährdung des Schulfriedens. Wir lehnen Ihren Antrag deshalb ab. – Danke.

(Beifall bei der SPD)